Der Kreis Recklinghausen setzt mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) auf Struktur statt Stückwerk: Ein neues Zielnetz soll den Radverkehr neu ordnen.
Statt vieler Einzellösungen strebt der Kreis ein übergeordnetes Zielnetz an, das er in einer dreistufigen Hierarchie ausbaut: Radschnellverbindungen, Radhauptverbindungen und regionale Zubringer. Die Planungen orientieren sich an lokalen Konzepten, Landes- vorgaben und den RVR-Radwegen. Ein umfassendes neues Konzept ist damit nicht mehr nötig – die Datenlage reicht aus, um nun in die Umsetzung zu gehen. Erste abgestimmte Ergebnisse sind für 2025 angekündigt, Beschlüsse für konkrete Maßnahmen sollen 2026 folgen. 223 Kilometer Kreisstraßen durchziehen das Vest – über die Hälfte davon begleitet von Radwegen. Doch nicht überall ist Platz im Straßenquerschnitt, vor allem im urbanen Süden. Hier trifft dichte Bebauung auf begrenzten Raum, während der Norden mit Alleen und Naturräumen seine eigenen Anforderungen stellt. Die Kunst: Verkehrsraum gerechter aufteilen – mehr Platz fürs Rad, ohne den motorisierten Verkehr übermäßig einzuschränken. Oft geht das nur, indem Parkplätze weichen. Und das erfordert Fingerspitzengefühl, denn Flächen sind kostbar – für Klima, Verkehr und Anwohner. Was wird getan? In Recklinghausen, Waltrop oder Dorsten wurden in den vergangenen drei Jahren rund 6,8 Kilometer Radweg grundlegend saniert. Highlights sind dabei etwa die Erneuerung der Friedrich-Ebert-Straße in Recklinghausen mit Pop-up-Radweg oder der Neubau an der Lippestraße in Datteln. „Viele Pendler wollen keine Umwege, sondern eine direkte und sichere Radverbindung – besonders zwischen dem Chemiewerk Marl und Dorsten. Doch bisher fehlt ein ausgebautes Radnetz, und Hauptstraßen sind oft wenig fahrradfreundlich“, erklärt Ulrich Bolle vom ADFC Dorsten. Lösung in Sicht: Die Wulfener Straße, eine wichtige Achse für den Chemiepark, wird saniert. Besonders nördlich der Drewer Brücke gibt es bislang nur einen schmalen Mehrzweckstreifen. Die Stadt Marl plant deshalb einen Ausbau – abgestimmt mit den Konzepten zu gate.Ruhr. Im zweiten Bauabschnitt wird die Strecke von der Nordstraße bis zur Hammer Straße radverkehrsgerecht umgebaut, inklusive Brückenerneuerung über den Sickingmühlenbach.
Und der Ausbau geht weiter:
Brücken, Ortsumgehungen und Straßen werden mit Radwegen versehen, die neue Verbindungen schaffen und bestehende verbessern:
• Vinnumerstr. (Datteln): bis Herbst 2025 Neubau der Lippebrücke inklusive neuem Radweg
• Alte Zechenbahn (Oer-Erkenschwick): bis Herbst 2025 Reparaturen am Asphalt, neue Sitzbänke und Beleuchtung an mehreren Abschnitten
• Allee des Wandels (Herten-Westerholt – Halde Hoheward): Markierungen werden bis Sommer 2025 verbessert, Beleuchtung wird ergänzt
• König-Ludwig-Trasse (Castrop-Rauxel – Recklinghausen): Ausbau stadtnah in Recklinghausen, breitere Wege und mehr Fahrradständer. Fertigstellung Ende 2025.
• Wartburgerstraße (Castrop-Rauxel): Radweglückenschluss von der Heerstraße bis zur Freiheitsstraße – Umsetzung noch in diesem Jahr.
Vest wird Metropole
Manchmal braucht es gar keinen großen Umbruch, sondern eine kluge Ergänzung, die Wege einfacher, Städte näher und Mobilität grüner macht. Genau hier setzt das Metropolradruhr im Kreis Recklinghausen an – ein Fahrradverleihsystem, das ab dem 1. Juli 2026 ganz offiziell Teil des Alltags wird. In Dortmund, Essen oder Gelsenkirchen funktioniert es schon reibungslos – nun wird das Vest ausgestattet: muskelbetriebene Leihfahrräder, die man bequem per App an einer von über 120 Stationen ausleihen und wieder abgeben kann. Das Prinzip ist simpel, die Wirkung groß. Das Metropolradruhr ist ein Bindeglied im sogenannten Umweltverbund, der Fuß- und Radverkehr sowie Bus und Bahn zu einer klimafreundlichen Mobilitätskette verknüpft. Der Kreis Recklinghausen hat sich für den großen Wurf entschieden: Alle zehn Städte sind dabei, wenn der Testbetrieb für zunächst fünf Jahre startet. 517 Fahrräder, verteilt auf 124 Stationen, werden das Grundangebot bilden. Das Schöne: Die Stationen sind als „virtuelle“ Haltepunkte angelegt. Keine Betonklötze, keine Bauzäune – ein klar definiertes Areal, sichtbar in der App. Das System soll niedrigschwellig bleiben: einheitliche Tarife, maximal 20 Euro pro Tag. Es wird Monats- und Jahresabos geben, und auch Kooperationen mit Verkehrsunternehmen und Hochschulen sind vorgesehen. Wer also regelmäßig pendelt oder den Bus zur Uni nimmt, könnte künftig ein paar Gratisminuten auf dem Rad dazubekommen.